Inklusive Kursgestaltung mit Universal Design for Learning

Shownotes

Wie können wir unseren Unterricht so gestalten, dass alle Teilnehmenden - mit und ohne Einschränkungen - bestmöglich inkludiert werden?
In dieser Folge sprechen wir mit Barbara Levc, der Leiterin des „Zentrums Integriert Studieren“ der Universität Graz und Mitarbeiterin am Institut für Elementar- und Primarpädagogik der Pädagogischen Hochschule Steiermark. Levc ist Expertin für das Universal Design for Learning (UDL), ein pädagogisches Rahmenmodell, das sich für inklusiven Unterricht einsetzt.

Sie erklärt die drei Hauptprinzipien von UDL: die Vielfalt der Präsentation von Inhalten, unterschiedliche Möglichkeiten des Lernens und des Ausdrucks, sowie das Engagement und die Motivation der Lernenden. Dabei betont sie, dass UDL nicht nur für schulische Bildung, sondern auch für die Erwachsenenbildung an Volkshochschulen anwendbar ist.

Interessierst du dich für konkrete Tipps für inklusiven Unterricht und praxisnahe Beispiele? Dann hör rein und lass dich inspirieren!

Links:
https://www.cast.org/
https://udlguidelines.cast.org/
https://imoox.at/course/DigIn

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00:00:01: Sprecher]: Die Bildungsbanane Der Podcast über digitale Barrierefreiheit an Volkshochschulen.

00:00:10: Tobias Götz]: Wie können wir unseren Unterricht so gestalten, dass Menschen mit und ohne Einschränkungen bestmöglich inkludiert werden können? Eine mögliche Antwort auf diese Frage gibt das Modell des Universal Design for Learning, kurz UDL. In der heutigen Folge sprechen wir mit Barbara Levc, Leiterin des „Zentrums Integriert Studieren“ der Universität Graz und Mitarbeiterin am Institut für Elementar und Primarpädagogik der pädagogischen Hochschule Steiermark. Mit ihr sprechen wir über die Grundprinzipien und die praktische Anwendung von UDL im Kontext der Erwachsenenbildung.

00:00:35: Tobias Götz]: Frau Levc, schön, dass Sie heute zugeschaltet sind und ganz, ganz vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unser Gespräch heute hier in der Bildungsbanane genommen haben. Der Grund, warum Sie heute hier sind, ist der, das möchte ich am Anfang noch vorausschicken, dass ich letztes Jahr ein MOOC, ein Massive Open Online Course bearbeitet habe, den DigIn-MOOC, das steht für Digitalization and Inclusive Education und ein Kapitel dieses MOOCs befasst sich primär mit UDL, also einem pädagogischen Rahmenmodell, das einen inklusiveren Unterricht, ursprünglich glaube ich mal primär für die Schule, aber aus meiner Sicht auch erweiterbar auf die Erwachsenenbildung gewährleisten oder ermöglichen soll. Und Sie waren Teil dieser ersten Einheit zum Thema UDL und ich habe bisher noch nie jemanden zu diesem Thema zuhören dürfen, der in so kurzer Zeit und so prägnant und präzise UDL erklären konnte. Daher freut es mich jetzt umso mehr, dass Sie heute hier sein können, um uns diese Aufgabe abzunehmen. Das ist also auch ein egoistischeres Motiv unsererseits.

00:01:43: Barbara Levc]: Ja, vielen Dank für die Einladung.

00:01:46: Tobias Götz]: Sehr gerne. Bevor wir thematisch richtig einsteigen, würde ich Sie noch kurz bitten, sich anhand von drei selbst gewählten Hashtags kurz vorzustellen, wie es ja inzwischen schon Tradition in unserem Format hier ist.

00:02:01: Barbara Levc]: Ja, also ich habe mir die drei Hashtags „inklusiv Studieren“, „gleiche Bildungschancen für alle“ und „erweiterter Inklusionsbegriff“ gewählt. Das sind drei Begriffe, die sozusagen mit meinem beruflichen Hintergrund in Zusammenhang stehen. Inklusiv studieren, da geht es, also das ist sozusagen der Bereich, wo ich an der Universität Graz seit 30 Jahren und an der pädagogischen Hochschule Steiermark jetzt seit gut sieben Jahren tätig bin. Da geht es darum, Studierende mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen, gesundheitlichen Herausforderungen, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sie eben ein Studium so betreiben können, dass sie sich wirklich in erster Linie auf das Studium, auf die Inhalte, auf das Lernen fokussieren können und sich nicht mit Fragen herumschlagen müssen. Wie komme ich barrierefrei ins Gebäude? Komm ich überhaupt in den Hörsaal? Wie komme ich zu meiner Gebärdendolmetschung und so weiter. Also wir haben an der Universität da eine kleine, feine Abteilung, die eben diesen Service anbietet und eben gleiche Bildungschancen hängt, also mein zweiter Hashtag natürlich ganz absolut damit zusammen und führt auch zu meinem zweiten beruflichen Standbein. Das ist eben die Lehrerinnen- und Lehrerbildung an der pädagogischen Hochschule, wo ich hauptsächlich im Bereich inklusive Pädagogik unterrichte, eben zukünftige Lehrerinnen und Lehrer bzw. auch so generell Diversitätsthemen und wo eben sich sozusagen die beiden Bereiche sehr gut verbinden, denn es geht eben um einmal an die Universität oder an eine Hochschule zu kommen braucht es gleiche Bildungschancen sozusagen von der Kinder-Tagestätte an, von der Elementarstufe an, über alle Bildungsstufen hinweg, aber natürlich auch jetzt im Bereich der Fort- und Weiterbildung, im lebenslangen Lernen, also auch jetzt weg sozusagen nur vom universitären Kontext. Und da sind es eben auch wirklich Rahmenbedingungen, Methodik, Didaktik, die eben da ganz einen großen Ausschlag geben. Und eben der dritte Hashtag, eben der erweiterte Inklusionsbegriff, der steht eben dafür, dass eben Inklusionen fokussiert meistens oder das Erste, was einem dazu einfällt, sind eben Personen mit Behinderung, mit Beeinträchtigung, aber in dem weiten Inklusionsbegriff sehen wir das gesamte Spektrum an unterschiedlichen Zugängen, in unserem Fall zur Bildung sei es jetzt eine andere Erstsprache als Deutsch, sei es unterschiedliche kulturelle Hintergründe, unterschiedliche Bildungsbiografien. Alter spielt eine Rolle natürlich auch Behinderung, Beeinträchtigung. Also da geht es eben so um das ganze breite Spektrum und da finde ich immer wieder sehr viele Gemeinsamkeiten und das ist sozusagen auch so ein Inhalt, der mir sehr wichtig ist, eben in meiner Lehre auch an der pädagogischen Hochschule.

00:05:53: Tobias Götz]: Ja, vielen Dank. Jetzt können wir uns schon relativ gut vorstellen, was Sie beruflich machen und wie Sie auch heute in unser Thema passen. Diesen erweiterten Inklusionsbegriff finde ich ganz interessant, weil wir mit unserem Digitalprojekt für die bayerischen Volkshochschulen einen ähnlichen Ansatz verfolgen. Also eben nicht nur körperliche Einschränkungen in den Fokus zu stellen mit unserem Barrierefreiheitsbegriff, sondern auch kulturelle Unterschiede, Alter oder Ähnliches. Sofern passt das sehr, sehr gut zusammen. Sie haben in der Ausbildung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer vermutlich dann auch beruflich mit unserem heutigen Thema zu tun, nehme ich mal an, dem Universal Design for Learning, also einem pädagogischen Rahmenmodell, das sich eben genau das auf die Fahne geschrieben hat, nämlich möglichst alle Schülerinnen und Schüler oder in unserem Fall Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ich würde sagen mit gleichen Chancen in einen Unterricht zu inkludieren. Können Sie uns vielleicht ein bisschen was zum Thema UDL erzählen, also wie sind Sie zu dem Modell gekommen und was ist es überhaupt?

00:07:00: Barbara Levc]: Ja, also eben das Universal Design for Learning ist ein methodisches Modell, aber keine Methode. Das muss man gleich dazu sagen, es ist keine Methode, die man sagt, so jetzt mach ich ABC und dann hab ich's, sondern eben ein Modell oder so ein Rahmen, der eben möglichst große Vielfalt im Lehren und Lernen ermöglichen soll. Und eben Sie haben schon vorher erwähnt, den Barrierefreiheitsbegriff möglichst weit zu fassen, das passt, das ist es genau eigentlich, oder über den Barrierefreiheitsbegriff hinaus zu gehen. Und das ist auch der Ursprung, sozusagen des Universal Design for Learning, ist das Universal Design an sich und das kommt eigentlich aus der Architektur oder aus dem Produktdesign. Da geht es eben wirklich darum, Gebäude so zu gestalten, dass eben für Menschen mit unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten, mit unterschiedlichen Bedürfnissen alles erschlossen werden kann. Und jetzt für den Bildungsbereich hat man jetzt diese Idee des Universal Designs noch um Aspekte, der Lern-Theorien ergänzt und zwar also sozusagen aus den Neurowissenschaften auch Aspekte mit hineingenommen und zwar speziell drei sogenannte Netzwerke des Lernens, das sogenannte kognitiven Netzwerk des Lernens, wo es sozusagen, also eben um das eher, der rationale Zugang, das strategische Netzwerk des Lernens, die Art der Verarbeitung und dann eben noch das affektive Netzwerk des Lernens, das ist eben sozusagen der Bereich, wo man wie sehr man sich involviert, engagiert sozusagen der persönliche Bezug zum Lernen oder zum Inhalten des Lernens. Und diese Netzwerke sind eben bei unterschiedlichen Personen unterschiedlich stark ausgeprägt und daraus ergeben sich dann eben auch unterschiedliche Anforderungen an das Lernen. Es geht hier ganz stark um die Vielfalt, um einfach sozusagen unterschiedliche Angebote zu machen, sodass eben alle Lernenden ihren idealen Zugang zu den Lerninhalten, zu den Zielen finden.(...) Das wird eben im Rahmen von drei Prinzipien angepeilt, die eben mit diesen neuronalen Netzwerken zusammenhängen. Da ist eben das erste Prinzip, eben sozusagen das kognitive Netzwerk bzw. das sozusagen das WAS des Lernens, also WAS die Inhalte und da geht es sehr stark darum, wie Inhalte zugänglich gemacht werden, wie Inhalte präsentiert werden. Zum Beispiel kann ich Informationen einfach in eine Powerpoint-Präsentation packen und dann mehr oder weniger von dieser Powerpoint-Präsentation ablesen. Ich kann die Informationen aber auch in eine digitale Version backen, die unterschiedliche Zugänge ermöglicht, wo die Lernenden das eben sich vielleicht am eigenen PC oder Laptop vergrößern können, die Farben unterschiedlich einstellen können. Es sich vorlesen lassen können. Die Geschwindigkeit, mit der sie das Ganze aufnehmen, selbst steuern können. Es könnte auch als Video das Ganze so gestaltet sein, eben mit noch unterschiedlichen Informationen, die dann im Bild nicht da sind, aber auch mit Textinformationen, die wiederum die Bilder erläutern. Oder man könnte auch das Ganze im Rahmen, die Inhalte auch im Rahmen einer Aktivität präsentieren, indem eben die Lernenden etwas aktiv tun und daraus Informationen ziehen oder Auswirkungen erkennen. Also jedes gute Experiment im Bereich der Biologie oder im Bereich der Chemie, wo eben zum Beispiel Schülerinnen da selber etwas mixen oder ausprobieren oder so können, ist eigentlich schon so ein Teil von eben sozusagen Vielfalt der Lerninhalte. Als nächster Schritt wäre eben das Prinzip 2, das dann eben das strategische Netzwerk adressiert und das ist sozusagen das Wie des Lernens und vor allem auch können die Lernenden zeigen, was sie gelernt, was sie verstanden haben. Also in der Schule sind wir da natürlich sozusagen bei der Wissensfeststellung, aber auch in der Erwachsenenbildung oder im Lebenslangem Lernen, sozusagen das Wie kann ich als Lernender rückmelden, was ich an Inhalten schon für mich sozusagen verarbeitet aufgenommen habe. Und auch da gibt es unterschiedlichste Methoden, wie man das machen kann. Also so die häufige Methode im schulischen beziehungsweise im Uni Bereich ist natürlich, man hat halt einen Test, Paper & Pencil Test oder man hat einen Onlinetest mit diversen Multiple Choice Aufgaben. Aber das Ganze könnte auch mündlich in einem Gespräch stattfinden oder die Lernenden könnten über das Gelernte zum Beispiel ein kleines Projekt machen, ein Videotrain, eine Gruppenarbeit bis hin zu einer Pantomime, ein Comic zeichnen. Also es gibt da könnte man sich ganz, ganz viel überlegen, je natürlich ein bisschen angepasst an die Lernenden, aber auch an die Inhalte wird das eine oder das andere besser funktionieren. Und eben das dritte Prinzip, das dann eben sozusagen das affektive Netzwerk adressiert, das ist dann das Warum des Lernens, also die Motivation und das Engagement der Lernenden eben anzuregen, zu fördern und vor allem auch zu erhalten. Und da wird sicher hilfreich sein, wenn die Inhalte so wie sie präsentiert werden, eben auch wieder mit verschiedenen Wahlmöglichkeiten da sind, aber auch Aufgabenstellungen, die mit dem Leben der Lernenden was zu tun haben, die für sie relevant erscheinen, spielerisches Lernen ist da ein ganz wichtiger Aspekt, auch sozusagen vielleicht die Umgebung einmal zu wechseln, also bei Kindern in der Schule ist es ganz hilfreich, wenn die sich einmal zwischendurch bewegen dürfen. Bei Erwachsenen ist es auch fein, wenn man sich für eine bestimmte Aufgabe, für eine bestimmte Zeit mal ins Freie begeben kann, dort oder eben die Möglichkeit gibt, sich vielleicht auch mal irgendwo hin zurückzuziehen, also sozusagen die Umgebung auch den eigenen Bedürfnissen anzupassen und damit auch sozusagen die persönliche Motivation der Lernenden eben zu steigern oder zu erhalten, also sozusagen auch das Level der Motivation eben gut zu halten. Das wäre so mal der kurze Überblick, was damit gemeint ist.

00:15:07: Tobias Götz]: Um es nochmal kurz zusammenzufassen, wie ich es jetzt verstanden habe, es geht im Grunde darum, den Lernenden, seien es jetzt Kinder, seien es jetzt Erwachsene, seien es jetzt irgendwas zwischendrin an der Universität, verschiedene Möglichkeiten in diesen drei Dimensionen bereit zu stellen, also verschiedene Möglichkeiten im affektiven Netzwerk, hinsichtlich der Lernmotivation, im Wahrnehmungsnetzwerk, also dem Input verschiedene Darbietungsformen zu ermöglichen und bereitzustellen und dem eigentlichen, dem Handeln, dem Ausdruck, hier verschiedene Möglichkeiten anzubieten.

00:15:47: Barbara Levc]: Genau.

00:15:48: Tobias Götz]: Um jetzt die vermutlich klassische Frage einer Lehrperson gleich vorwegzunehmen, ja und wann soll ich das eigentlich alles machen? Wie würden Sie darauf antworten? Weil es natürlich, glaube ich, für eine Lehrperson, sei es jetzt professionelle Lehrkraft an der Schule und erst recht eine freiberufliche Honorarkraft an einer Volkshochschule, schon initial erstmal mit einem sehr hohen Aufwand verbunden ist, glaube ich, einen bisher festgefahrenen klassischen Unterricht auf so eine Art und Weise auszudehnen, auszubauen und eben auf diese verschiedenen, auf diese verschiedenen Wege zu bestalten.

00:16:31: Barbara Levc]: Also der eine Punkt ist, dass digitale Anwendungen da schon ein ganz großes Spektrum an Möglichkeiten bieten, also sowohl für die Lehrpersonen in der Gestaltung von ihren Inhalten, eben wenn wir mal von der klassischen PowerPoint Folie weggehen und uns vielleicht Inhalte einmal in einer Textdatei mit vielleicht Zugang zu Bildern oder auch nicht, je nachdem wie man es eben dann nutzen möchte oder kann. Dann bieten sich schon eine ganze Menge von Möglichkeiten, wie man eben den Zugang schaffen kann. Und auch sozusagen gerade in Hinblick auf spielerische Zugänge, also da gibt es ja ein ganz, ganz weites Spektrum mittlerweile auch an Lernspielen, die man eben digital verfügbar hat an eben Methoden. Also ich denke jetzt da zum Beispiel auch für die Lernenden selber an einem Programm, das wir in der pädagogischen Hochschule ganz viel verwenden, der sogenannte Book Creator, wo eben die Studierenden dann e-Bücher gestalten zu irgendeinem Thema und wo sie ganz viel machen können. Da können sie Videos reinbacken, da können sie selbst Aufnahmen hineinsprechen, da können sie Zeichnen, Schreiben, mit Farben spielen, verschiedene Dinge wählen und das aber auf einem sehr einfach zugänglichen Niveau, so dass man keinen halbjährigen Kurs vorher besuchen muss, um das bedienen zu können. Also da bietet eben gerade, also bieten die digitalen Möglichkeiten schon eine ganze Menge. Das andere glaube ich, dass gerade in der Erwachsenenbildung ganz viele Lehrende eigentlich schon UDL in manchen Bereichen oder teilweise anwenden, ohne sich dessen wirklich klar zu sein, ohne das jemals wirklich sozusagen bewusst angestrebt zu haben, weil wir eben gerade in der Erwachsenenbildung eben bei die Lehrenden ja wissen, dass sie mit Personen arbeiten, die eben unterschiedliches Alter, unterschiedliche Bildungshintergründe, kulturelle Hintergründe haben und weil man dann sicher auch sich unterschiedlichste Methoden überlegt, wie kann ich meine Lernenden am besten erreichen. Und eben in der Volkshochschule ist es ja meistens so, dass die Teilnehmerinnen freiwillig kommen und sich sozusagen das, was sie machen wollen, aussuchen. Und da ist, denke ich, der Austausch auch mit den Lehrenden ein deutlich intensiverer und da kam man wahrscheinlich sozusagen auch ad hoc einmal etwas, was man sozusagen geplant hat, vielleicht schneller mal ein bisschen anpassen, wenn sich herausstellt, dass vielleicht jemand mit einer Methode nicht hundertprozentig klar kommt. Also da würde ich einfach ein bisschen die Angst nehmen wollen und den Lehrenden einfach sagen, wahrscheinlich tun sie es schon in vielen Bereichen und ja, sie können, sie müssen es vielleicht nur noch ein bisschen ausbauen oder vielleicht eben ein bisschen so gestalten, dass sie schneller mal auf etwas reagieren können.

00:20:19: Tobias Götz]: Ja, wahrscheinlich tun sie es schon. Das ist ein guter Punkt. Wir haben nämlich mal im Zuge von unserem Projekt und wir haben uns ja schon länger auch mit UDL auseinandergesetzt und überlegt, wie wir dieses Modell, dieses Konzept auch unseren Lehrkräften in der Erwachsenenbildung ein bisschen näher bringen können. Jetzt ist es ja so, dass wir jetzt hier nicht wie bei Lehrkräften so eine Art Pflichtfortbildungen oder so haben, sondern unsere Lehrkräfte können sich weiterbilden. Wir regen sie dazu an, aber sie müssen es natürlich nicht. Es steht ihnen frei. Sie sind hier freiberuflich beschäftigt. Haben Sie vielleicht irgendwelche Tipps für uns, wie wir es anstellen können, diese Prinzipien des UDL und auch die Benefits, also was auch die Lehrkräfte davon haben, den Honorardozierenden bei uns etwas näher zu bringen, weil wir haben es natürlich schon mit klassischer Weiterbildung versucht. Allerdings ist das für viele eben so nicht machbar. Also hier ich habe da auch noch nicht den Stein der Weisen, aber vielleicht haben Sie ihn denn. Wie können wir in Volkshochschulen, in der Volkshochschulwelt vielleicht das Thema etwas besser platzieren?

00:21:26: Barbara Levc]: Jetzt mal so ganz spontan mit kleinen Webinaren, wo vielleicht mal eine Möglichkeit eben UDL anzuwenden, eben wie zum Beispiel mit einem bestimmten Tool, digitalen Tool, wie den Book Creator oder was Vergleichbarem, einfach mal so in einer Stunde oder so Webinar vorgestellt wird. Etwas, was man sich vielleicht dann auch später mal anschauen kann, was irgendwo abgelegt wird, wo man dann eben auch als jemand, der eben einen Hauptberuf hat und dann eben vielleicht noch zusätzlich eben an der Volkshochschule unterrichtet, sich doch auch mal ohne allzu großen Aufwand eben sich mit etwas vertraut machen kann oder was entdecken kann. Wo man sagt ja Moment das erleichtert mir oder das ist eigentlich etwas, was mir persönlich auch Spaß macht und was ich dann auch gern mit meinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern machen möchte.

00:22:32: Tobias Götz]: Ja, stimmt, das ist eigentlich eine sehr, sehr schöne Idee. Man könnte es vielleicht noch so ein bisschen ausbauen in so einem kleinen Onlinekurs mit Wissensabfragen und so weiter, dass das vielleicht auch ein bisschen interaktiv ist, also vergleichbar auch mit einem MOOC, allerdings etwas eher zugeschnitten, dann eben auf unsere Volkshochschulsituation mit sehr heterogenen Zielgruppen, mit wechselnden Räumen und was es da noch so für Problemlagen gibt, die man vielleicht an der Schule oder der Uni nicht so, den man dann nicht so begegnet wie an einer Volkshochschule. Wir haben jetzt schon sehr häufig über digitales gesprochen, also digitale Methoden und so weiter. Vielleicht können Sie das noch mal etwas näher erläutern, welche Rolle spielt denn Digitalisierung und Digitalität generell und alles, was irgendwie mit Strom funktioniert, in diesem Konzept des UDL. Also ist UDL, ist diese, ich stelle meinen Lernenden alles auf verschiedene Arten zur Verfügung überhaupt denkbar ohne die modernen digitalen Medien?

00:23:35: Barbara Levc]: Ich glaube, die digitalen Medien spielen da eine ganz große Rolle, weil eben analog nicht für alle Gruppen alles zugänglich ist. Also da denke ich jetzt wieder eher an Menschen mit Behinderungen, zum Beispiel an Menschen mit Sehbehinderungen, die eben mit gedrucktem Papier sozusagen ja naturgemäß auf Kriegsfuß stehen. Da ist eben Digitales ganz hilfreich, aber auch für andere Gruppen, zum Beispiel eben für Personen mit einer anderen Erstsprache ist es oft sehr hilfreich, etwas als Video zu haben, das dann auch noch mit Untertiteln versehen ist. Es gibt mittlerweile einige Programme, die Untertitel automatisch erstellen, man kann sie, man muss sie dann noch ein bisschen korrigieren, also das Programm versteht es nicht immer, aber die KI wird in der Hinsicht auch besser. Und weil wir eben vielleicht zur gesprochenen Sprache, wenn eben jetzt zum Beispiel Deutsch nicht die Erstsprache ist, wenn man sozusagen parallel mitlesen kann, dann vielleicht einen besseren Zugang noch findet. Also in diesen Bereichen und eben dann die vielfältigen Möglichkeiten auch sich mit den Dingen sozusagen vielleicht außerhalb des Kurses noch weiter zu beschäftigen, da wo man dann vielleicht noch mehr Zeit hat, wo man sich besser konzentrieren kann und dann eben die unterschiedlichen Angebote wahrnehmen kann, da spielt das Digitale ganz eine wichtige Rolle. Es wird Bereiche geben, da ist digitales natürlich draußen, also wenn es jetzt irgendwie in vielen Bereichen um kreative Zugänge geht oder so, da kann man dann vielleicht noch sozusagen die Background-Informationen digital anbieten, aber Töpfern, Malen, Speckstein bearbeiten kann ich nur hands-on, kochen und so weiter. Aber auch da, gerade wenn es eben dann zum Beispiel um Informationen geht, um Ernährungsinformationen, wenn wir jetzt nochmal beim Kochen sind oder so, da ist es wahrscheinlich für manche Teilnehmer wirklich eine ganze große Unterstützung, wenn sie diese Informationen dann digital zur Verfügung haben, vielleicht schon vorab zur Verfügung haben. Das ist ja auch der große Vorteil von digitalen Möglichkeiten, dass ich meine Informationen vielleicht manchen schon vorab zur Verfügung stellen kann, für die es vielleicht ein bisschen zu viel ist, gleichzeitig zu tun und gleichzeitig zuzuhören und die sich das vielleicht vorher schon einmal sich in der Vorbereitung oder sich schon ein bisschen vorinformieren können. Ich weiß natürlich, also unter Lehrenden an den Unis und an den Hochschulen ist es dann oft so, ja meine PowerPoint mache ich um Mitternacht vor meinem Kurs, aber gerade da, wo eben sich also Kurse immer wieder angeboten werden, eben an der Volkshochschule, wo es eben Lehrende gibt sich in einem bestimmten Bereich wirklich spezialisiert haben und da eben ihre fixen Kurse haben, da gibt es ja sicher schon viel Material, das man vorher schon gesammelt hat und da das dann auch eben digital anzubieten und vielleicht auch schon vorab, das kann auch schon viele Zugänge sehr gut erleichtern.

00:27:30: Tobias Götz]: Ja, das sehe ich auch so, dass auch so ein Learning, das wir in unserem Verbund auch schon hatten, dass wir jetzt seitdem auch unsere Materialien in der Regel im Vorfeld bereitstellen, auch als PDF bereitstellen, dass wir zu diesem Podcast hier ganz selbstverständlich auch ein Transkript zur Verfügung stellen und jetzt, weil es eben auch vielen Menschen eine Hilfe ist, also hätte ich an der Uni meine Unterlagen immer im Vorfeld schon gehabt, wäre das sehr viel angenehmer gewesen, auch für mich, der jetzt von keiner offensichtlichen Einschränkung betroffen ist, weil ich mir das Zeug einfach vorher schon mal angucken kann und dann besser vorbereitet in so eine Veranstaltung gehe. Also ich glaube, man erreicht mit diesen Mitteln und Wegen eben tatsächlich alle seine Lernenden und nicht nur eine kleine ausgewählte Zahl, deswegen finde ich das Modell auch so reizvoll, gerade auch in der Erwachsenenbildung mit den heterogenen Zielgruppen. Wir bitten unsere Gäste immer um so einen kleinen Praxistipp, den wir als Volkshochschule ruckzuck umsetzen können, um ohne große Planung, ohne große Aufwände. Jetzt würde sich ihr Tipp wahrscheinlich in erster Linie mal als an Lehrkräfte richten. Ich würde gerne aber noch mal das mit diesem UDL Classroom aufgreifen, dass wir jetzt so im Detail nicht besprochen haben, weil es für viele Volkshochschulen natürlich auch einfach schwierig ist, Einfluss auf die Räume zu nehmen. Aber welchen Tipp haben Sie denn ganz konkret auch an Volkshochschulpersonal, an die Leitung, an die pädagogischen Mitarbeiter? Wie können Sie es Ihren Lehrkräften leicht machen, möglichst nach diesen Prinzipien zu arbeiten? Ein Tipp, den man möglichst schnell umsetzen kann.

00:29:04: Barbara Levc]: Also ganz spontan und vielleicht auch ein bisschen, ja, also ich hoffe, Ihre Zuhörerinnen und Zuhörer nehmen das auch sozusagen mit ein bisschen Humor. Den Satz, das haben wir noch nie so gemacht, einfach mal aus dem System streichen.

00:29:24: Tobias Götz]: Okay, das ist kein einfacher Tipp, aber wir werden ihn so weitergeben und beherzigen. Möchten Sie es noch kurz erläutern? [lacht]

00:29:31: Barbara Levc]: Wenn Lehrende mit Ideen kommen, sich also eben einfach einmal diesen Satz streichen und sozusagen ja mal überlegen, na ja, vielleicht gibt es doch eine Möglichkeit. Sei es eben den Raum einmal so umzustellen, oder dass irgendetwas einmal in einer Umgebung stattfindet, die vielleicht nicht die Standard-Umgebung ist oder ähnliches. Also ich glaube, da ist einfach diese Flexibilität, die UDL dann für die Lernenden bieten soll, braucht es natürlich auch von der Institution, wo das Lernen stattfindet und das ist sicher auch ein Lernprozess.

00:30:21: Tobias Götz]: Da haben Sie recht. Ja, der Satz, das haben wir schon immer so gemacht, der ist natürlich gerade in der öffentlich verantworteten Weiterbildung durchaus immer wieder ein Klassiker, wobei sich da jetzt in den letzten Jahren auch sehr viel geändert hat. Hinsichtlich der Makrodidaktik von den Einrichtungen. Insofern bin ich da sehr, sehr optimistisch, dass wir da auch weiterhin Fortschritte machen. Ganz, ganz herzlichen Dank, Frau Levc, dass Sie da waren, dass Sie uns heute Universal Design for Learning etwas nähergebracht haben, was ja doch eher ein abstraktes Thema ist. Wie gesagt, wen es von Ihnen da draußen näher interessiert. Wir haben den Link zu CAST unter diesem Podcast. Können Sie einfach mal draufgehen, weiter recherchieren. Ansonsten auch gerne in unserem Verbund mal nachfragen. Wir haben das eine oder andere, die eine oder andere Publikation dazu auch schon veröffentlicht, wie man sich schrittweise Stück für Stück dem Thema nähern kann, ohne sich jetzt in Fachbücher reinwühlen zu müssen. Ihnen Frau Levc…

00:31:21: Barbara Levc]: Darf ich noch kurz was ergänzen?

00:31:22: Tobias Götz]: Sie dürfen selbstverständlich kurz was ergänzen.

00:31:24: Barbara Levc]: Das ist mir jetzt noch spontan eingefallen zu den, also eben, unser MOOC, den Sie am Anfang schon erwähnt haben, zu DigIn, der ist natürlich öffentlich zugänglich. Also da kann man auch gerne hinverlinken. Und im Rahmen dieses Projekts DigIn wurden dann auch Unterrichtsbeispiele im, nach dem Prinzip des UDL angepasst. Schon auf die Schule bezogen, weil sich der MOOC ja hauptsächlich an Lehrerinnen und Lehrer in der Schule fokussiert, aber auch da sozusagen mit den Erklärungen, was jetzt im Hinblick auf UDL interessant wäre. Und da kann man sich vielleicht auch ganz praktische Anregungen holen, wie man etwas gestalten kann.

00:32:12: Tobias Götz]: Ja, da bin ich sicher. Ich fand diesen ganzen Kurs auch sehr, sehr gelungen gemacht mit auch sehr viel verschiedenen Materialien, also auch die UDL-Prinzipien gleich mit umgesetzt, wie man sich davon ja auch erwartet hat. Ihnen Frau Levc nochmal ganz herzlichen Dank, einen wunderschönen Nachmittag und das gleiche Ihnen da draußen, unseren Zuhörerinnen und Zuhörern. Wir hören uns in der nächsten Folge. Vielen Dank und ciao ciao.

00:32:37: Barbara Levc]: Auf Wiedersehen, auf Wiederhören.

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