Bildung für alle - Informationswege von Menschen mit Behinderung
Shownotes
Alle Menschen haben das Recht auf Bildung. Doch wie können wir gewährleisten, dass sich auch Personen mit Einschränkungen über Bildungsangebote informieren können? Melanie Bernt gibt Einblicke in die Informationswege.
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Dies ist ein Transkript des Podcast „Die Bildungsbanane“. Er wird moderiert von Janina Schubert. Der heutige Gast ist Melanie Bernt von der Lebenshilfe in Bamberg. Sie koordiniert die inklusive vhs Bamberg. Im Gespräch berichtet sie ausführlich zu ihren Erfahrungen rund um die Informationswege von Menschen mit Behinderung.
[00:00:01 Sprecher]: Die Bildungsbanane Der Podcast über digitale Barrierefreiheit an Volkshochschulen.
[00:00:10 Janina Schubert]: Wie können wir Menschen mit Behinderungen über die Angebote von Volkshochschulen informieren? In unserer heutigen Podcastfolge spreche ich mit Melanie Bernt von der Lebenshilfe in Bamberg. Wir hören nicht nur verschiedene Ansätze, sondern haben uns auch über Herausforderungen ausgetauscht. Schön, dass du wieder mit dabei bist. Lass uns direkt loslegen.
Vorstellung
[00:00:30 Janina Schubert]: Ich habe Sie gebeten, sich im Vorhinein mal drei Hashtags zu überlegen, um sich genauer vorzustellen. Nennen Sie gerne mal die Hashtags, die Sie ausgewählt haben und auch gerne direkt, wie Sie auf diese Begriffe kommen.
[00:00:45 Melanie Bernt]: Ich habe mir die Hashtags Inklusion, Lebenshilfe Bamberg und Vielfalt ausgesucht. Inklusion deswegen, weil das natürlich Ziel und auch Ideal unserer Arbeit ist, die wir umsetzen wollen. Dass es einfach selbstverständlich wird, dass Menschen mit Behinderungen überall dabei sein können, zum Beispiel eben auch an Bildungsangeboten der Volkshochschulen. Genau, Lebenshilfe Bamberg habe ich ausgesucht. Das ist natürlich hier der große Träger der Behindertenhilfe in Bamberg und meinen Arbeitgeber.
Und da gehört natürlich auch dazu der Bereich Region Bamberg inklusiv, für den ich jetzt speziell tätig bin. Und mir ist da auch ganz wichtig zu sagen, dass solche Sachen nicht vom Himmel fallen, sondern dass da ganz viel Engagement und innovatives Denken und Mut auch neue Wege zu gehen von vielen Mitarbeitern dahintersteckt. Und als dritten Hashtag habe ich mehr Vielfalt ausgesucht.
Zum einen ist es ja so, Inklusion fördert Vielfalt und auch umgekehrt. Vielfalt braucht auch Inklusion. Und in meinem Arbeitsalltag kann ich eigentlich nur so sagen, ist es einfach auch ganz wichtig, diese Vielfalt immer im Blick zu haben. Die verschiedenen Menschen mit ihren verschiedenen Bedürfnissen, was natürlich auch die Arbeitsaufgaben sehr vielfältig machen.
Inklusive VHS Bamberg
[00:02:07 Janina Schubert]: Wir hoffen natürlich, dass wir diesen Mut zur Vielfalt und zu inklusiven Angeboten heute irgendwie ein bisschen transportieren können, dass sich mehr Volkshochschulen an das Thema ran trauen. Wir haben ja viele Volkshochschulen, die schon versuchen, inklusive Angebote zu schaffen. Und das war ja auch so der Ausgangspunkt, wie dieses Gespräch zustande kam, weil sie ja sehr intensiv mit der Bamberger Volkshochschule zusammenarbeiten. Meines Wissens, ausgehend von einem Projekt, können Sie da nochmal kurz umreisen, worum ging es bei dem Projekt und wie ist jetzt die weitere Entwicklung und der jetzige Stand?
[00:02:43 Melanie Bernt]: Ok. Die inklusive VHS ist eben was, was von der Lebenshilfe Bamberg gemeinsam mit den Volkshochschulen Bamberg Stadt und Bamberg Land entstand. Und zwar schon 2014 angestoßen durch eine Aktion Mensch Förderung. Mittlerweile haben wir uns mehr und mehr von Aktion Mensch entfernt oder unabhängig gemacht. Also wir kriegen keine Fördergelder mehr, sondern werden von der Stadt und auch vom Landkreis und den kreisangehörigen Kommunen jetzt finanziert. Also vor allem die Personalstelle. Unser großer Kundenkreis sind vor allem Menschen mit geistiger Behinderung. Das muss man dabei wissen. Also ich würde sagen, 95 Prozent der Kursanmeldungen, die bei uns eintrudeln, sind von Menschen mit einer geistigen oder mit einer mehrfachen Behinderung. Und entsprechend ist natürlich auch unsere inklusive VHS, unser Projekt auch aufgebaut. Also im Mittelpunkt haben wir zum Beispiel das Programm Heft in einfacher Sprache. Das wird im DINA 5 Format gedruckt zu jedem Semester. Da ist eine Auswahl an Kursen drin von der Volkshochschule Stadt und Volkshochschule Land.
Das wählen auch tatsächlich Menschen mit Behinderung oder Lernschwierigkeit aus. Also wir haben einen Selbstvertreterrat gegründet, den VHS-Rat. Und arbeiten da schon bei der Erstellung des Programms zusammen mit Menschen mit Behinderung. Das ganze Programm ist in einfacher Sprache gestaltet. Jeder Kurs hat eine eigene Seite mit einer einfachen Überschrift, einem ansprechenden Bild. Der Text ist auch in einfacher Sprache gestaltet, dass auch Menschen mit, die nicht so gut lesen können, verstehen, um was geht es hier eigentlich. Wir arbeiten sehr viel mit Symbolen, zum Beispiel zur Uhrzeit. Wir verwenden auch die Icons der Volkshochschule selbst, zum Beispiel für die Bereiche Gesundheit und Fitness, Kultur und Gestalten. Und natürlich weisen wir auch immer darauf hin, ist das barrierefrei zu erreichen, von der räumlichen Barrierefreiheit her. Und gibt es eine Ermäßigung zum Beispiel, weil natürlich auch viele Menschen mit Behinderung Grundsicherungsempfänger sind oder andere Sozialleistungen bekommen. Und da macht das auch Sinn, dass die Ermäßigung gleich dabeisteht.
Kursauswahl für Menschen mit Behinderung
[00:04:47 Janina Schubert]: Das heißt, Sie nutzen bestehende Angebote der Volkshochschulen. Da werden keine exklusiven Angebote noch mal ins Leben gerufen, sondern das Kursprogramm wird durchgeschaut und Menschen mit Behinderung haben die Möglichkeit zu sagen, für diesen und jeden Fachbereich und diese Veranstaltung interessiere ich mich. Und die werden dann aufgenommen.
[00:05:05 Melanie Bernt]: Genau. Wir machen keine extra Angebote, also keine exklusiven Kurse an den Volkshochschulen. Sondern wir sagen, alle Kurse sind offen für alle Menschen. Diese Auswahl in diesem Programmheft in einfacher Sprache. Das sind ungefähr 50 Kurse. Ist natürlich nur eine Auswahl. Wir können ja nicht hunderte Kurse einzeln, jeden Kurs auf einer Seite abbilden. Da würden wir ja immer ein Buch produzieren und keine Broschüre mehr. Wir weisen aber auch darauf hin, es sind alle Kurse offen. Wir beraten auch bei besonderen Interessen, schauen ins, in Anführungsstrichen, normale Programmen auf der Homepage nach. Was gibt es denn noch zum Thema Bogenschießen oder Pilzseminare? Könnten interessant sein jetzt im Herbst. Wenn jemand mit besonderen Interessen oder Wünschen zu uns kommt, suchen wir auch den passenden Kurs aus. Genau.
Programm in Leichter Sprache
[00:05:57 Janina Schubert]: Sie haben das Programm in leichter Sprache thematisiert. Wie entsteht das denn? Weil ich höre von vielen Volkshochschulen, dass die sagen, ja sie würden das gerne machen, aber sie sind da so unsicher. Und es gibt ja sehr feste Regeln, die eingehalten werden müssen. Damit muss man sich ja auskennen. Ist das extern vergeben oder wird es hier vor Ort erstellt?
[00:06:17 Melanie Bernt]: Das machen wir selbst. Also erster Schritt ist, dass wir von der Volkshochschule Stadt und Land alle Kurse bekommen. Das sind mehrere Hunderte aus ganz vielen Bereichen. Da gucken wir dann schon mal, was könnte rein?
Für uns ist es immer wichtig, dass wir unsere Kunden auch erreichen. Viele arbeiten ja zum Beispiel in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung, die natürlich auch bis zum Nachmittag läuft. Also wählen wir schon auch sehr oft Kurse aus, die dann ab Nachmittag/Abends laufen oder am Wochenende an verschiedenen Tagen.
Das machen wir gemeinsam mit dem VHS-Rat und versuchen da aus allen Sparten, was abzudecken. Dass es ein buntes Programm ist. Sobald wir die ausgewählt haben, schicken wir das wieder an die Volkshochschulen zurück. Dann bekommen wir auch Rückmeldungen genauer zur Barrierefreiheit zum Beispiel. Oder wenn es irgendwelche Besonderheiten gibt, wie inklusive Mehrkosten, die erst mal nicht so erkennbar sind im Preis. Dann geht es eigentlich schon an die Übersetzung. Das machen wir selber. Wir haben uns da eigentlich auch selbst viel geschult oder Schulungen besucht. Und alle Mitarbeiter jetzt bei uns in der offenen Behindertenarbeit kennen sich mit leichter oder einfacher Sprache aus.
Wir übersetzen es dann. Der VHS-Rat, also die Selbstvertreter, Menschen mit Behinderung oder Lernschwierigkeiten, lesen Kontrolle und prüfen die Texte, ob es wirklich verständlich ist. Und dann kommt das Ganze ins Layout, wird nochmal Korrektur gelesen und geht dann in den Druck.
Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderung
[00:07:41 Janina Schubert]: Es ist vielleicht auch ein Tipp, den man gut mitgeben kann, in die Volkshochschulen sich wirklich Menschen mit verschiedenen Einschränkungen zu suchen, die bereit sind, mal eine Korrektur zu übernehmen oder Feedback zu geben zu den Informationen, die ich zu meinen Kursen nach außen gebe, damit ich weiß, kommt das überhaupt an, ist das verständlich, oder?
[00:07:58 Melanie Bernt]: Genau, also das ist tatsächlich auch ein ganz wichtiger Schritt, dass die Übersetzungen in Anführungsstrichen, in leichte oder einfache Sprache von Menschen, die es ja auch betrifft, nochmal geprüft wird. Das ist auch ein Merkmal leichter Sprache und das versuchen wir auch immer einzuhalten.
Und bei uns geht es eigentlich über Vier-Augensystem. Also wir lesen schon mehrfach Kontrolle und man findet dann auch immer wieder was, wo man sagt, Mensch wie kann ich das Wort noch einfacher umschreiben, erklären, genau. Und das ist auch wirklich was, was Spaß macht und wo man auch dran wächst und was einem immer leichter fällt.
Digital oder analog?
[00:08:34 Janina Schubert]: Das Programm gibt es ja in gedruckt, haben Sie gesagt. Wir versuchen natürlich auch in den Volkshochschulen immer mehr im digitalen Raum Barrierefreiheit zu schaffen und demnach stehen wir so ein bisschen vor der Herausforderung, dass wir oft das Feedback bekommen, dass Menschen mit Behinderung gar nicht den Zugang haben, zum Beispiel ins Internet zu gehen, also so ganz einfache Punkte. Das es da eigentlich schon an der Infrastruktur fehlt oder auch dem Fachwissen, wie nutze ich denn das Internet?
Das heißt, ich kann als Volkshochschule dann sagen, ich habe einmal mein leichter Sprache Printprogrammheft und ich könnte das auf vielen Webseiten auch hinterlegen bei den Kursen, dass ich die Auswahl habe. Aber wenn dann der Mensch mit Behinderung gar nicht dorthin kommt, ist das natürlich schwierig. Was haben Sie da für einen Eindruck im Hinblick auf Umgang mit digitaler Information bei Menschen mit Behinderung?
[00:09:26 Melanie Bernt]: Also das ist ein ganz wichtiger Punkt. Deswegen ist mir auch wichtig, dass es auch immer Printmedien gibt. Das ist einfach für viele Menschen nochmal, ich habe was in der Hand. Viele Menschen können sich dann vielleicht auch eben mit diesen Bildern orientieren und benötigen vielleicht auch noch jemanden, der dieses Heftchen mit ihnen durchgeht. Das würde natürlich auch auf einer Homepage funktionieren.
Unser VHS-Programmheft in einfacher Sprache ist auch auf der Homepage der VHS-Bamberg Stadt und Land zu finden. Da kann man das aufrufen und sich durchklicken oder auch durchlesen. Viele Menschen mit geistiger Behinderung brauchen aber doch noch jemanden, der das dann aufruft, wie Sie sagen, weil sie halt nicht das Know-how haben, mit einem PC umzugehen, ins Internet zu gehen, mit einem Smartphone das Ganze aufzurufen. Das sind natürlich auch Einsteigerkurse ganz wichtig, dass man Grundlagenkurse macht für Menschen mit Behinderung oder Lernschwierigkeiten, wie Grundlagenkurs PC, Grundlagenkurs im Internet surfen, wie bediene ich, wie finde ich mich auf Homepages zu Recht, oder Smartphones, Social Media, das sind ja alle solche Themen.
Persönliche Assistenz als Unterstützung
[00:10:36 Janina Schubert]: Ich glaube, die persönlichen Assistenzen sind ein wichtiger Schlüssel oft viele Kursteilnehmenden, also auch im Kurs dann letztendlich, brauchen ja manche Menschen mit Behinderung nochmal eine persönliche Assistenz, die begleitet.
Kann man die persönlichen Assistenzen in irgendeiner Form unterstützen, dass die noch mal besser die Informationen weitergeben können und wissen Sie, arbeiten die eher analog oder würden die dann zum Beispiel das Programm auf der Website zur Hand nehmen und den Menschen zeigen?
[00:11:08 Melanie Bernt]: Tatsächlich ist es ja so, wenn ein Mensch mit Behinderung sich bei uns meldet und sagt, ich habe Interesse für diesen und jenen Kurs, oder wir gehen sogar auch rum, hören uns um und beraten, gehen aufsuchend auch auf Leute zu, wo wir wissen, Mensch, das könnte ihn vielleicht interessieren. Dann erst kommt es oft zur Assistenzvermittlung.
Also wir machen erst die Informationsarbeit eben sehr niedrigschwellig, damit verbunden auch sehr viel Beratungsarbeit, unterstützen dann bei der Anmeldung, das kann zum Beispiel auch sein, Kontakt zu einem gesetzlichen Betreuer aufnehmen, damit das mit der Kursgebühr geklärt wird. Denn viele Menschen können ja auch nicht ihre Kontodaten irgendwo selbstständig eingeben, weil sie das eben nicht verwalten. Also es hängen viele, viele Schritte damit zusammen und dann erst kommt die Vermittlung einer Assistenz.
Da suchen wir natürlich zuerst oder versuchen, Menschen zu vermitteln, das sind ehrenamtliche Assistenten, die den Kunden bereits kennen, das ist immer der schönste Fall, wenn man dann neues weiteres gemeinsames Bildungserlebnis hat. Aber tatsächlich sind die Hilfen, die der Assistent dann macht oder auch die Informationen, die er von uns bekommt, zu dem zu begleitenden Kursteilnehmer analog. Also das ist wirklich Mensch zu Mensch Arbeit, sehr viele zwischenmenschliche Begegnungen. Was es schon gibt, das hatten wir zum Beispiel bei Corona, da haben wir mehr Online-Angebote aufgenommen, dass der Assistent sich dann sozusagen um Internet-Zugang oder Zoom Zugang gekümmert hat und da dann Assistent und Kursteilnehmerin bei einem Zumba Kurs Online teilgenommen, aber eben auch mit Unterstützung des Assistenten.
[00:12:45 Janina Schubert]: Aber diese Möglichkeit gibt es dann, also dass zum Beispiel auch an digitalen Angeboten teilgenommen werden kann und dann ein Assistent hilft, die Infrastruktur herzustellen.
[00:12:57 Melanie Bernt]: Die Möglichkeit gibt es und da unterstützen wir natürlich auch. Stellen gegebenenfalls ein Laptop zur Verfügung, Internetzugang, alles was man braucht oder einen Raum, wenn man das jetzt nicht direkt zu Hause machen kann, weil man da vielleicht nicht so viel Platz hat. Also auch wieder die kleinen Details drumherum. Aktuell haben wir keine Online-Angebote mehr im Heftchen, einfach auch aus dem Grund, wir haben schon so den Erfahrungswert, VHS-Kursbesuch oder Bildungskursbesuch ist auch was, was man erleben will, was man vor Ort wahrnehmen möchte, wo man andere Leute trifft, wo man richtig in Kontakt kommt.
Viele Kurse gehen ja online gar nicht, nehmen wir den Kurs Holzschnitzen. Das macht natürlich in der Gruppe vor Ort, in einem Werkraum mehr Sinn. Oder wir haben auch jemanden, der immer regelmäßig zum Ringe-Schmied-Kurs geht. Da braucht man natürlich auch die entsprechende Ausrüstung, die hat man da halt nicht. Das kann man halt nur in einem Kursraum machen, wo alles zur Verfügung gestellt wird. Genau, also ist schon eher die Erfahrung jetzt auch gerade nach Corona wieder raus wieder unter Leute und das gemeinsame Bildungserlebnis auch wirklich vor Ort erleben.
Räumliche Aspekte beim Kursbesuch von Menschen mit Behinderung
[00:14:05 Janina Schubert]: Das kennen vermutlich die meisten, dass sie sagen, ach, ich bin auch gern wieder vor Ort und in diesem praktischen Tun.
Zu diesem Aspekt, wie sich Menschen mit Behinderung informieren können, hatten wir eine andere Podcast-Folge, wo ich gerne ihre Einschätzung hätte. Und zwar zum Thema VR und 3D-Modelle von Räumen. Sie haben ja jetzt vorhin gesagt, dass zum Beispiel Icons genutzt werden, um zu sagen, ist der Raum barrierefrei? Und es gibt auch die Möglichkeit, einen Raum dreidimensional aufzunehmen und dann kann man den sich vorab anschauen. Das heißt, ich gehe auf eine Website und klickt dann auf den Raum und kann den begehen, vielleicht so ein bisschen wie mit Street View bei Kartenansicht. Da kann ich mir auch eine Straße zum Beispiel schon anschauen. Und so ist es bei Räumen auch möglich.
Und das wäre ja eine Option für eine Volkshochschule, zu sagen, ich mache mir einmal die Arbeit, gehe durchs Seminarzentrum und digitalisiere meine Räume, um Menschen mit Behinderung die Möglichkeit zu geben, wahrscheinlich dann auch mit Unterstützung, je nach Grad der Behinderung.
Und die können sich vorab dann anschauen, ist der Raum für mich überhaupt zugänglich? Wo habe ich vielleicht persönliche Hürden? Und das aber auch ohne, dass die Menschen mit Behinderung dann anklopfen müssen und sagen, ich habe diesen und jenen Bedarf, sondern ich sehe dann direkt, da ist eine Stufe, da komme ich nicht drüber. Und deswegen kann ich den Kurs nicht besuchen oder eben schon.
[00:15:36 Melanie Bernt]: Also ein interessantes Konzept habe ich so noch nicht gehört, hat bestimmt was für sich. Was mir da jetzt zuerst einfällt, ist, wenn ein Mensch mit einer Gehbeeinträchtigung, der wahrscheinlich auch online den Kurs buchen kann und so weiter, da erst mal zurechtkommt und dann eigentlich wissen will, ist dieser Raum barrierefrei. Da gehört aber noch mehr dazu. Da geht es nicht nur um den Raum, da kann es auch um die Tischhöhen gehen, da geht es vielleicht um den Zugang zum Gebäude, ist da vorher viel Pflaster. Also zum Beispiel, wo liegt denn das Gebäude? Wie komme ich denn da hin, wo ist die nächste barrierefreie Bushalterstelle? Als Beispiel jetzt.
Also das sind ja sehr, sehr viele Punkte, eben auch ob eine barrierefreie Toilette in der Nähe ist, also all diese kleinen Punkte. Frage ich mich, ob man das so visuell auch abbilden kann. Also es ist ja doch immer sehr, sehr individuell.
Da komme ich nochmal auf meinen Hashtag zurück, Vielfalt. Es geht halt auch darum, es sind verschiedene Menschen mit verschiedenen Behinderungen, in verschiedenen Graden auch und da auch genau zu gucken, was ist denn jetzt das Bedürfnis? Also das ist schon sehr viel Einzelfallarbeit. Es ist ja auch nicht jeder Mensch, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, dauerhaft auf den Rollstuhl angewiesen. Viele Menschen nutzen Rollator oder Rollstuhl nur zeitweise und können auch kleinere Treppen, zum Beispiel mit Anhalten, mit Handlauf oder auch mit Hilfe einer anderen Person überwinden. Das sind ja einfach wirklich viele Punkte, die man da beachten muss.
[00:17:06 Janina Schubert]: Heißt im Idealfall, wenn man digitale Informationskanäle nutzt eigentlich in jedem Fall diese Vielfalt waren in den Informationen, dass ich sage, ich biete zum Beispiel an, dass man im Seminarraum sieht, wie ist die Ausstattung, kann ich den befahren oder auch wenn ich eine andere Beeinträchtigung habe, zum Beispiel mit Hören oder Sehen, dass ich da vorab mich informieren kann, aber dann brauche ich ja auch schriftliche Informationen, auch wieder das Analoge oder vielleicht mit Icons, gerade wenn es um diese Umgebungsfaktoren geht oder dass ich mir eben auch was anhören und nicht nur ansehen kann und so. Es hört sich sehr herausfordernd an.
[00:17:48 Melanie Bernt]: Genau, das war auch mein erster Gedanke, das visuell abzubilden, aber ja, von mir aus, aber dann bitte gerne in der ganzen Vielfalt. Dann auch wirklich, wie komme ich denn zum Seminarraum, weil der Weg muss ja auch gegangen oder mit dem Rollstuhl bewältigt werden. Das hängt ja ganz viel eben mit zusammen. Oder wo ist die nächste Toilette, die ich dann als Rollstuhlfahrer zum Beispiel verwenden kann?
Umgang mit heterogenen Gruppen im Kurs
[00:18:10 Janina Schubert]: Haben Sie Feedback, was für Anforderungen erfüllt sein müssen, damit Menschen mit Behinderung an Kursen teilnehmen können, was natürlich eine sehr schwierige Frage ist, weil es gibt ganz verschiedene Bedürfnisse von Menschen, aber was ist vielleicht so ein Minimum, das sollte ein Kurs oder eine Kursleitung mitbringen, damit man inklusiv das Angebot gestalten kann?
[00:17:48 Melanie Bernt]: Also im Prinzip ist es natürlich so, man muss ja, also die Volkshochschule bietet Kurse für alle Menschen an. Da muss ich damit rechnen, da sitzen ganz verschiedene Menschen. Jeder Mensch hat unterschiedliche Bedürfnisse, vielleicht auch unterschiedliche Ansprüche, eine unterschiedliche Motivation, ein unterschiedliches Ziel, was man von dem Kurs mitnehmen will. Das kann man sich mal im Hinterkopf behalten und sich auch klarmachen. Genau dieser Punkt erfordert dann ja auch eine Vielfalt im Kurs selber. Also vielleicht nicht sagen 0815, sondern verschiedene Medien mitzubringen. Von Bildern über Hören, über was erzählen, über was erleben mit den Händen, dass man verschiedene Lerntypen anspricht.
Am Anfang der Vorstellungsrunde machen, wer ist da, was erwartet man sich? Ganz kurz. Also das sind schon so ganz leichte Einstiege, um überhaupt ein Gefühl für so eine heterogene Gruppe zu bekommen.
Wäre sicher auch nochmal ein sehr spannendes Thema, um da gesondert drüber zu sprechen. Da ist sehr viel drin. Und viele Herausforderungen, aber auch schön ist für Kursleitungen.
Zum Abschluss würde ich gerne darauf kommen, was könnten denn Volkshochschulen sofort in die Tat umsetzen? Wir versuchen immer einen Aspekt zumindest mitzugeben. Und wir haben jetzt ja sehr, sehr viele Herausforderungen gehört. Gerade in dem, wie informiere ich, sodass ich überhaupt an Menschen mit Behinderung auch mich richten kann? Haben Sie da irgendwie einen Aspekt, wo Sie sagen, Mensch, das ist was, da startet man gut?
Umsetzung (digitaler) Barrierefreiheit in der VHS
[00:20:09 Melanie Bernt]: Also eigentlich mehrere vielleicht noch. Zum einen jetzt auch nochmal um auf das Digitale zu kommen, ist natürlich wie gestalte ich meine Homepage. Ist die gut strukturiert? Kann ich eine Vorlese-Funktion verwenden? Ist eine Option da, mir das in einfacher Sprache durchzulesen? Kann ich Schriftgrößen ändern? Also vielleicht auch diese visuellen Anpassungen und so weiter. Sodass ich zum Beispiel als erstes auch mal als Kunde mich da durchklicken kann, das muss ich ja als erstes schaffen und dann auch mal einen Kurs finden kann, der mir gefällt, den ich vielleicht auch buchen möchte.
An der Stelle wäre es natürlich toll, Mensch, die kann ich in den Kurs denn schon so formulieren, dass es A von allen verstanden wird und B auch alle anspricht, oder viele anspricht. Da kann man sich ja auch schon mal Gedanken machen, als Kursleitung sich bewusst zu machen, wenn es um verschiedene Menschen geht, mit oder ohne Behinderung, mit verschiedenen Bedürfnissen, dann kann ich ja auch meinen Kurstext vielleicht so schreiben, dass ich eben auch viele Menschen damit erreiche. Das ist ja schon mal das Erste. Mir persönlich ist es da zum Beispiel auch schon immer wichtig, dass wenn eine Kursbeschreibung zum Beispiel online aufrufbar ist und ein Raum angegeben ist, dass ich sehen kann, ist dieser Raum barrierefrei und dass ich nicht auf der Homepage selbst noch mal einen Tab aufmachen muss und dann erst mal nach den barrierefreien Räumen suchen muss, sondern dass diese Info einfach direkt bei der Kursbeschreibung und beim Ort, wo dieser Kurs angeboten wird, dabeisteht.
Da kann es wichtig sein, wie ich vorhin schon gesagt habe, ist es barrierefrei, ist der Zugang barrierefrei, gibt es eine barrierefreie Toilette. Wenn Treppen da sind, sind es 2 oder 20, gibt es einen Handlauf. Das sind wichtige Informationen für viele Menschen.
Eine generelle Ansprechbarkeit auch, also dass man sagt, bitte rühren Sie sich bei uns, bitte melden Sie sich, wenn Sie eine induktive Höranlage brauchen, andere technische Module oder wenn Sie spezielle Fragen haben wegen Ihren Bedürfnissen, dass man einfach eine Ansprechbarkeit und eine Offenheit auch zeigt.
[00:22:23 Janina Schubert]: Das finde ich einen sehr schönen Schluss, weil es ja auch zeigt, ich muss jetzt nicht übertreiben und direkt alles zusätzlich machen, sondern vielleicht kann ich mir die Arbeit sogar erleichtern, indem ich sage, ich formuliere meinen Text direkt auf einem verständlichen Niveau, um möglichst viele Menschen abzuholen. Oder ich gebe direkt Informationen, sodass auch nicht jeder sich bei mir melden muss und erst mal sagen muss, ich habe aber das Bedürfnis und ich bin mir jetzt nicht sicher, gibt es diese oder jene Hilfestellung für mich, dass man vielleicht erstmal so rangeht zu gucken, was kann man denn von sich aus direkt schon offen sagen?
[00:23:02 Melanie Bernt]: Genau, und da ist es halt auch, denke ich, ein wichtiger Punkt, die Kursleitungen, alle mitzunehmen, vielleicht auch mit Schulungen, wo es um Sensibilisierung geht, was bedeutet eine Behinderung, was bedeutet eine Gehbeeinträchtigung, was bedeutet es, wenn ich eine Seebehinderung habe. Einfach diese Sensibilisierung und Bewusstmachung für die verschiedenen Bedürfnisse und wenn natürlich erstmal ein Kurs so ausgeschrieben ist und auch als inklusiv angeboten wird, sodass verschiedene Menschen teilnehmen können, ist es dann halt auch im nächsten Schritt so wichtig zu schauen, wie gestalte ich dann meinen Kurs, das ist dann nochmal das neue Thema.
[00:23:40 Janina Schubert]: Ja, super, ich danke Ihnen ganz herzlich für diesen sehr breiten Input und ich denke da ist schon mal viel dabei, was man mitnehmen kann.
[00:23:51 Melanie Bernt]: Gerne.
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