Verständliche Sprache im vhs-Kontext

Shownotes

Hattest du schon einmal Probleme, einen Text zu verstehen? Von E-Mails über Websiten-Texte bis hin zu Social-Media-Beiträgen begegnet uns Sprache jeden Tag. Die Texterin und Marketing-Freelancerin Mirijam Kobzan gibt in dieser Episode viele spannende Tipps und Einblicke in verständliche Sprache.

Egal ob du in einer Volkshochschule arbeitest oder allgemein am Thema interessiert bist: Hör gerne rein :)

Hinweis: Das Transkript zur Folge und viele weitere Informationen zum Thema findest du auch auf unserem Padlet.

Transkript anzeigen

Dies ist ein Transkript des Podcast „Die Bildungsbanane“. Er wird moderiert von Janina Schubert. Der heutige Gast ist Mirijam Kobzan. Sie ist professionelle Texterin und arbeitet selbstständig unter dem Namen „Markenmafia“. Für die Volkshochschulen erarbeitete sie verschiedene Materialien zum Thema verständliche Sprache im vhs-Kontext und die Nutzung von ChatGPT beim verständlichen Texten.

Vorstellung

[00:00:01 Sprecher]: Die Bildungsbanane Der Podcast über digitale Barrierefreiheit an Volkshochschulen.

[00:00:11 Janina Schubert]: „Ich verstehe nur Bahnhof.“ Hast du dir das auch schon einmal gedacht, als du eine E-Mail geöffnet oder einen Webseitentext gelesen hast?

Genau aus diesem Grund habe ich heute Mirijam Kobzan in Erlangen getroffen. Mit der Texterin spreche ich darüber, wie du verständliche Sprache in deinen vhs-Texten anwenden kannst.

Wir sind heute in der Erlanger Ecke und das ist für mich insofern besonders, weil ich meinen Bachelor an der Universität in Erlangen gemacht habe. Und mit Mirijam sitzt mir jemand gegenüber, den ich auch aus dem Bachelorstudium kenne. Darüber war der Ausgangspunkt und wir haben uns ja jetzt dann wieder gefunden vor einigen Monaten im Job-Kontext zu dem Thema, wo wir heute auch ins Gespräch kommen werden.

Schön, dass du da bist, liebe Mirijam. Und ich habe dich gebeten, drei Hashtags dir auszuwählen, die dich beschreiben, das was du arbeitest und nenne doch gerne mal den ersten Hashtag.

[00:01:12 Mirijam Kobzan]: Ja, sehr gerne. Also danke, dass ich beim Podcast dabei sein darf. Mein allererster Hashtag ist Hashtag Wolf. Er hat damit zu tun, dass ich einen sehr großen Wolfshund habe, der wirklich tatsächlich ausschaut wie ein Wolf und den nutze ich tatsächlich auch zu Marketingzwecken. Der ist nämlich bei mir auf allen Profibildern mit drauf. Ich habe ihn da sehr präsent auf meinem Schoß sitzen. Ich glaube, alle kennen diesen Bösewicht, der sich im Stuhl umdreht und an dann eine Katze streichelt und genau dieses Bild wollte ich nachstellen mit meinem Hund, denn mein Unternehmen in der Selbstständigkeit heißt Markenmafia. Und damit hatten wir dann das verknüpft. Und deswegen Wolf, denn ich werde immer auf den Wolf angesprochen. Also jeder, mit dem ich in Kontakt komme, der fragt als allererstes nach diesem Hund.

[00:01:56 Janina Schubert]: Ist ja, glaube ich, auch sehr, sehr besonders. Also vielleicht für die Zuhörerinnen und Zuhörer, wir sitzen hier gerade am Tisch umringt von Wölfen, wenn man so will. Auf der einen Seite den tatsächlichen Wolfshund und auf der anderen Seite liegt meine Hündin. Finde ich sehr passend, dass du dir das ausgesucht hast. Wir kommen zum Thema verständliche Sprache ins Gespräch heute. Und beim Thema Hunde ist es ja eigentlich was, was zumindest ich bei meiner Hündin sehr, sehr klar erlebt habe, wie wichtig es ist, deutlich zu kommunizieren und sowohl körpersprachlich als auch mündlich mich sehr gut auf den Punkt zu bringen. Ich denke, das teilst du, oder? [lacht]

Von der Kommunikation mit Hunden und was Wörter in uns auslösen

00:02:38: Total. Ich habe noch mal so viel über Sprache gelernt durch meinen Hund, was im ersten Moment ja irgendwie ein bisschen paradox ist. Aber der Hund, die Kommunikation mit dem Hund hat mir noch mal viel stärker gezeigt, wie wichtig eine klare Sprache ist, auch die Kommunikation. Und ich bin auch immer wieder überrascht, wie viel der Hund eigentlich versteht. Also großes Beispiel: Ich habe immer in meinen Zoom-Calls, ich arbeite ja von daheim aus Tschüss gesagt. Und er hat relativ schnell gecheckt, dass Tschüss bedeutet, dass irgendwas beendet ist und ich Zeit für ihn habe. Und das ist dann dummerweise so, dass ich halt nicht immer Zeit habe für ihn, wenn ich Tschüss sage, weil gleich der nächste Termin dran kommt. Und er steht dann aber immer neben mir bei diesem Wort. Und ich habe jetzt komplett versucht, mir abzutrainieren, das Wort zu sagen. Er hat jetzt auch übrigens gerade schon reagiert auf das Wort. Und mein Gegenüber sagt immer Tschüss. Und das sind dann so Sachen, wo ich mir, wo mir immer wieder auffällt, wie bestimmte Signalwörter funktionieren. Und das kann man ganz toll halt auch auf die Arbeit und das Texte schreiben, übertragen, weil es gibt einfach Wörter, mit denen wir bestimmte Dinge verknüpfen, die eine ganz starke Wirkung mit uns haben. Ich glaube bei dir wäre das Wort Kaffee. [lacht]

00:03:46: Ja, das ist richtig.

00:03:46: [00:03:48 Mirijam Kobzan]: So. Und wenn wir das lesen, dann haben wir direkt Bilder im Kopf und das macht Texte dann zum Beispiel sehr aussagekräftig. Also das sind Sachen, die ich zum Beispiel durch mein Hund gelernt habe.

00:03:46: [00:04:00 Janina Schubert]: Also mir geht es genauso. Ich glaube, es gibt einfach Wörter, die wir gezielt einsetzen können auch. Das ist ja eigentlich das Positive oder auch mir ist auch bewusst geworden, welche Wörter sollte ich vielleicht vermeiden oder Formulierungen anders treffen, damit ich meine Zielgruppe besser adressiere.

00:03:46: Genau. Was ist denn dein zweiter Hashtag?

00:03:46: Beruflicher Werdegang

00:03:46: [00:04:19 Mirijam Kobzan]: Mein zweiter Hashtag ist LinkedIn. Das ist eine Business-Plattform für alle, die das nicht kennen. Man kann sich vorstellen, das ist eigentlich wie Facebook, nur, dass man sich im Business-Kontext trifft. Also dort kann man Arbeitgeber finden oder in meinem Fall auch Kunden. Und für mich war LinkedIn ein ganz großer Sprung. Denn ich selber dachte eigentlich nie, dass ich mal in dem Bereich geschriebene Kommunikation unterwegs sein werde. Ich dachte eigentlich immer, ich mache mal Team-Entwicklungen und Coachings und bin dann irgendwie zufällig da reingerutscht in das, was ich jetzt mache und habe festgestellt, dass ich darin eigentlich ganz gut bin. Und das ist passiert durch LinkedIn.

00:03:46: Und zwar war Corona und irgendwie, ja, man ist allein daheim, hat irgendwie keinen Kontakt. Wie findet man Kunden? Und ich habe dann einfach angefangen, auf LinkedIn meine Erlebnisse zu schildern und Texte zu schreiben. Und nach ungefähr einem Monat kam dann die erste Nachricht in meinem Postfach so, hey Mirijam, kannst du mir zeigen, wie das geht? Ich möchte auch so schreiben. Und so hat sich das Ganze bei mir dann entwickelt, tatsächlich. Und ich habe festgestellt, dass mündliche Kommunikation und geschriebene Kommunikation sehr ähnlich sind.

00:03:46: [00:05:23 Janina Schubert]: Finde ich spannend. Hört sich für Leute, die jetzt mit LinkedIn vielleicht nicht so viel zu tun haben, sehr nach freier Kommunikation an, würde ich sagen. Und also könnte man gut kreativ sein. Also gerade, wenn man jetzt auch das mit Social Media, das hattest du ja angerissen, in Verbindung bringt, da würde ich schätzen, dass sich viele aber die Frage stellen, macht es nicht in Unterschied, ob ich in so einem freien, kreativen Medium unterwegs bin und Texte für Kunden schreibe. Wir haben ja auch Volkshochschulen, die haben LinkedIn-Accounts und nutzen das dann eher so in einem beruflichen Kontext. Oder wie ist es, wenn ich einen Text brauche für meine Homepage? Ist das nicht eine ganz andere Art, dann zu schreiben? Muss ich dann nicht auf andere Dinge achten, um die Zielgruppe zu erreichen?

00:03:46: [00:06:08 Mirijam Kobzan]: Ich würde jetzt sagen, nein. Denn für mich ist in Texten immer das Wichtigste, dass sich der Leser mitgenommen fühlt. Das heißt, ich möchte einen Text schreiben, wo der Leser das Gefühl habe, ich habe in seinen Kopf geguckt. Ich habe bereits vorausgeahnt, was er denkt. Also ich liebe solche Phrasen, wie; ich erzähle was und dann schreibe ich darunter: du denkst, das ist totaler Quatsch, oder? Und dann denkt sich der Leser tatsächlich ganz häufig so, ja genau, das habe ich mir gerade gedacht. Und dann kann man solche Sachen auflösen und dieses in den Kopf reingucken funktioniert supergut auf so Social Media.

00:03:46: Das funktioniert aber auch in E-Mails gut und unglaublich gut auf Webseiten. Also diese typische trockene Verkaufstexte schreiben, wie man das ganz häufig kennt, finde ich ganz schlimm und ich glaube die meisten wissen jetzt ganz genau wovon ich rede und haben so einen Text vor Augen. Die haben überhaupt keine Lust, das zu lesen. Und darum geht es ja. Also wenn ich einen Text schreibe, dann bringt es mir nichts, wenn der nicht gelesen wird. Also sollte ich einen Text schreiben, egal auf welcher Plattform, der gerne von jemandem gelesen wird. Genau, das ist jetzt da meine Aussage zu. Und tatsächlich findet man auf LinkedIn sehr viele trockene Texte, also sehr viel Verkaufstexte, die überhaupt nicht frei sind und dann sagen immer alle zu mir Mirijam, du kannst das machen, du bist Texterin. Egal was du schreibst, das ist ja immer verkaufen für dich. Aber ich habe mit ganz, ganz vielen Kunden gezeigt, dass man trotzdem freie, kreative, persönliche Texte schreiben kann, die trotzdem Leute und potentielle Kunden ansprechen, also die Zielgruppe ansprechen, ohne dieses seriöse Business-Ding zu haben, von dem wir immer glauben, dass wir es machen müssen in Texten.

00:03:46: Gutes Texten im vhs-Kontext

00:03:46: [00:07:44 Janina Schubert]: Kannst du das in den Volkshochschulkontext bringen? Weil ich weiß, dass viele jetzt sagen werden, ja, hört sich gut an. Aber wenn man das jetzt in die Praxis zieht, wie sieht denn das dann aus? Weil letztendlich, wenn du eine Volkshochschule hast und du arbeitest als Fachbereichsleitung oder im Bereich Marketing und musst ja irgendwie den Kunden zeigen, das ist unser Angebot. Diese Kurse haben wir in dem und dem Semester und kommt doch da vorbei. Also das Ziel ist ja letztendlich, die Kunden wie an so einem Geländer zu begleiten, dass die zu den Bildungsangeboten kommen. Selbst wenn ich schon Kunden gewonnen habe, die dann wieder zu binden und ihnen auch fortführende Kursangebote zu machen. Also es ist ja letztendlich auch Marketing und hört sich nicht so einfach an, jetzt mal eben interessante Texte im Volkshochschulkontext zu schreiben.

00:03:46: [00:06:08 Mirijam Kobzan]: Ich glaube, das ist das, was ich vorhin schon angesprochen habe. Der Leser muss sich angesprochen fühlen und er muss diesen Text lesen wollen. Und da gibt es verschiedene Dinge auch für die Volkshochschulen, die glaube ich gut umgesetzt werden können, zum Beispiel mit Fragen arbeiten. Also zum Beispiel das typische Thema; hast du morgens auch das Gefühl, wenn der Wecker klingelt, dass du eigentlich gerade erst eingeschlafen bist? Solche Fragen, da fühlen sich wahrscheinlich jetzt ganz viel angesprochen, die vielleicht nicht gut geschlafen haben und sich diesen Satz gehört haben, holen uns in unseren Kopf rein. Also wir beantworten Fragen automatisch und dann sind wir schon involviert im Text. Und dann kann man sagen, okay, wenn das bei dir häufiger so ist, dann ist unser Yoga-Kurs XYZ etwas für dich. Zum Beispiel, denn wir machen Übungen, die machen deinen Kopf wach und entspannen deine Muskeln und du kannst voller Energie in den Tag starten. Und ich weiß, ihr duzt meistens nicht. Also ich bin großer Fan vom Duzen, denn als Leser ist es so, wenn ich ein Text in du lese, fühle ich mich deutlich mehr angesprochen, aber auch in Sie funktioniert das. Also auch wenn ihr siezt, durch Fragen am Anfang von zum Beispiel Volkshochschulkurstexten, die den Kurs beschreiben, wenn ihr am Anfang eine Frage stellt oder vielleicht auch in der Überschrift sogar die Frage stellt, dann sind die Leute direkt involvierter, weil wir nicht anders können als auf eine Frage zu antworten.

00:03:46: [00:10:04 Janina Schubert]: Ich finde es schön, dass du das Thema Du und Sie vorweggenommen hast. [lacht]

00:03:46: [00:10:08 Mirijam Kobzan]: [lacht]Ich habe das dann an deinem Gesicht gesehen.

00:03:46: Duzen oder Siezen?

00:03:46: [00:10:10 Janina Schubert]: Ja, das war tatsächlich sofort mein Gedanke, weil ich viel in Gesprächen eben auch schon Fragen dazu gehört habe, weil viele natürlich sich denken, wie ist denn das mit Du und Sie? Und ja, das wäre jetzt auch nochmal ein Thema, wo ich gerne kurz hängen bleiben würde. Also wir zum Beispiel bei uns, ich arbeite ja selbst auch in der Volkshochschule. Wir differenzieren das Medium. Das heißt, wir haben uns dazu entschieden, auf Social Media zu duzen, weil es ja eine Zielgruppe ist, die jünger ist, dynamischer ist. Also gerade auf Instagram interagieren wir sehr viel. Also kommen auch richtig ins Gespräch mit Kund*innen, also zum Beispiel über die Story und im Newsletter siezen wir aber und ich komme jetzt aus einer Kleinstadt. Das heißt, wir haben, glaube ich, ein Publikum, was tendenziell eher Print mag, eher eine förmlichere, distanziertere Kommunikation.

00:03:46: Das heißt, würdest du sagen, es spielt eine Rolle, was für eine Volkshochschule ich habe? Also ob ich in der Großstadt sitze oder auf dem Land, wie groß meine Zielgruppe ist, ob ich siezen oder duzen sollte?

00:03:46: [00:11:17 Mirijam Kobzan]: Also ich würde tatsächlich meinen Kunden immer empfehlen zu duzen. Also auch mit großen Unternehmen, mit denen ich arbeite, die bisher immer gesiezt haben, empfehle ich das. Es gibt aber Situationen, wo es irgendwie vielleicht nicht ganz angebracht ist, wo ich dann eher in ihr/euch reingehen würde. Weil dadurch, also Siezen finden wir respektvoll und vor allem die ältere Generation, sage ich jetzt mal, finde das respektvoll, weil das eine Grenze aufbaut zwischen dir und mir. Diese Grenze ist aber halt gar nicht das, was wir wollen, wenn wir jemanden ansprechen wollen, wenn wir Kunden gewinnen wollen. Und deswegen ist ihr/euch ein guter Kompromiss, weil man nicht direkt sagt, hey du, aber man eine Gemeinschaft bildet und die meisten Leute haben ja jemanden im Hintergrund, wie bekannte, Freunde, Familie und durch dieses ihr/euch fühlen sie sich gruppenzugehörig, aber halt auch eben nicht gesiezt. Also man macht diese Grenze nicht. Das finde ich einen guten Kompromiss.

00:03:46: Wenn jetzt aber jemand sagt, er möchte siezen, dann funktioniert das auch. Ich möchte nur noch mal mitgeben, dass es halt tatsächlich eine Grenze bildet, dieses Siezen. Und das kann schwierig sein. Es ist spannerweise auch LinkedIn. In, der Business-Plattform, wird auch ganz häufig diskutiert, duzen oder siezen. Da gab es letztens eine ganz, ganz große Umfrage, wo mehrere tausend Leute mit abgestimmt haben und da kam raus, dass 85 Prozent lieber geduzt werden wollen. Und das möchte ich einfach mal mitgeben. Ich glaube, die Zeiten ändern sich langsam. Der Punkt, den du aber gesagt hast, mit den verschiedenen Social Media Plattformen da zu unterscheiden zwischen Newsletter oder Website und Instagram ist glaube ich ein guter Weg, um da reinzukommen, zu sagen, OK, Social Media, versuchen wir zu duzen, einfach weil es eine direktere Ansprache ist. Und wir wissen, diejenigen, die gerne gesiezt werden würden, die lesen eher den Newsletter, also siezen wir im Newsletter. Oder ihr sagt halt, wie gesagt, ihr/euch.

00:03:46: [00:12:59 Janina Schubert]: Das finde ich einen sehr coolen Gedanken, den ich so auch noch nie hatte und glaube ich eine gute Option. Weil ich jetzt erst vorangegangene Woche hatte ich ein Gespräch, wo eine Dame gemeint hat, oh, also ich fühle mich da gar nicht so wohl mit dem Du, weil ich das Gefühl habe, das ist dieses Hippe, hey, yo, voll cool, dass du da bist und sie halt gemeint hat, nee, das will sie nicht. Also sie geht auch nicht auf der Straße so auf jeden zu und ihr ist es wichtig, dass sie so eine gewisse Distanz und Entscheidungsfreiheit hat. Und ich glaube, dieses ihr/euch kann da vielleicht einen Mittelweg bieten.

00:03:46: [00:13:37 Mirijam Kobzan]: Das coole ist bei ihr euch, wenn man das jetzt im Newsletter zum Beispiel verwendet, dann fühlt man sich halt der Gruppe der anderen Kursinteressierten angehörig. Und wenn man sich einer Gruppe angehörig fühlt, dann ist auch die Entscheidung, dort sich vielleicht anzumelden, deutlich leichter. Also das ist auch im Hintergrund ein bisschen das Psychologische, dass das Wichtigste eigentlich die Identifikation ist. Wenn ich einen Text schreibe, zum Beispiel einen Kursinhalt beschreibe, dann muss sich die Person identifizieren können. Ich nutze das tatsächlich gerne, wenn ich Texte für Webseiten schreibe, dass ich versuche die Probleme, die die Leute tatsächlich haben, wie zum Beispiel, sie kommen morgens nicht aus dem Bett oder sie arbeiten immer, egal ob im Homeoffice oder auf der Arbeit und haben abends unter anderem Rückenschmerzen. Solche Sachen, wenn du diese Sachen beschreibst, das ist übrigens mein allerliebster Tipp: Alltagssituation beschreiben, dann fühlen sich die Leute dem zugehörig, erkennen sich wieder und dann kann man Lösungen anbieten. Und die Lösung ist in dem Fall dann häufig bei euch ja der Kurs.

00:03:46: Über einen guten Textaufbau

00:03:46: [00:14:36 Janina Schubert]: Ist deine Erfahrung, dass die Leute überhaupt die Texte lesen? Weil das auch was ist. Da haben wir schon sehr viel darüber diskutiert. Gerade auch Marketingmenschen kennen das. Das es ja heißt eigentlich immer mehr dazu überzugehen, sehr kurz und knapp zu formulieren und auf einen Call to Action hinzuarbeiten oder so.

00:03:46: [00:14:56 Mirijam Kobzan]: Find ich ganz schlimm. Ich schreibe aktuell für ein großes Unternehmen, was wirklich sehr kurze und knappe Texte möchte. Und das ist eigentlich gar nicht so meins. Denn ich glaube, man braucht ein bisschen Kontext, um sich mitgenommen zu fühlen. Und wenn da jetzt zwei Sätze mehr drinstehen, ist das überhaupt nicht schlimm, wenn die Botschaft rüberkommt. Also für mich ist einen Text lesen wie eine Reise. Also ich komme ursprünglich eigentlich daher, dass ich unglaublich viel lese selber, vor allem Fantasy-Romane. Und für mich jeder Text sozusagen eine eigene Reise ist, wo ich jemanden abhole an einem bestimmten Ort, wo er sich wohl fühlt und wiedererkennt, und ich bringe ihn irgendwo hin.

00:03:46: Und das ist der natürliche Weg zu sagen, hey, ich habe da irgendwie einen Text, und dann da am Ende ein Call to Action, die sollen kaufen. Aber dieser Weg muss logisch sein, der muss mich überzeugen, der muss Inhalt haben. Und ich möchte diesen, also ich als Leser muss diesen Weg gehen wollen. Also ich muss wirklich das Gefühl haben, dieses, ja, ich bin morgens immer müde und brauche drei Tassen Kaffee. Und dann, da erkenne ich mich total drin wieder. Und dann kommt irgendwie ein Absatz mit, hey, stell dir vor, du bist wach, bevor der Wecker klingelt. Du springst aus dem Bett, fühlst dich voller Energie, in zwei Stunden am Tag hast du schon die halbe To-do-Liste abgearbeitet. Das ist dann das, wo ich sage, hey, krass, genau, da möcht ich hin.

00:03:46: Und dann sagst du die Lösung und sagst, hey, unser Kurs ist, das ist die Lösung, das kann dir dazu helfen, wenn du morgens zehn Minuten Qi-Gong machst, zum Beispiel. Und wenn du diese Reise durchgemacht hast im Kopf und sagst, hey, das ist mein Problem, da möchte ich hin, dann buche ich den Kurs. So, und dann verkaufe ich, das kannst du mit allem machen, dann verkauf ich auch.

00:03:46: [00:16:29 Janina Schubert]: Würdest du dann sagen, dass dieses, den Kunden mit auf eine Reise nehmen, ein Tipp ist, gerade wenn es um die Überarbeitung auch geht, dass man das nochmal gegencheckt, vielleicht aus der Perspektive vom Kunden, fühle ich mich denn wie auf einer Reise in dem Text?

00:03:46: [00:16:44 Mirijam Kobzan]: Also ich glaube, wenn man sich jetzt mal anguckt, wir selber haben ja auch schon daran gearbeitet, wie kann man gute Texte für die Volkshochschulkurse schreiben. Es ist auch dort wie eine Reise mit verschiedenen Punkten, das heißt, ich habe einen Einleitungssatz und das ist eigentlich der wichtigste. Also Überschrift und Einleitungssatz ist das Allerwichtigste, weil da entscheidet der Leser, schau ich mir den Rest des Textes an oder nicht. Und da muss man sich direkt abgeholt fühlen, man muss vielleicht neugierig gemacht werden, das ist wie dieses, hast du bestimmt schon mal auf Social Media gesehen; so kannst du nächsten Monat 10.000 Euro passiv verdienen. Und dann denkst du dir so, ah ja, cool, genau, da klicke ich jetzt mal drauf. Oder fünf Tipps, wie du x, y, z. Oder halt eben über Fragen. Also du musst am Anfang abgeholt werden und dann braucht man ja eine gute Erklärung, worum es eigentlich geht in diesen Kurs. Das kann jetzt eben sein, hey, du bist immer müde und mit unserem Kurs wirst du wach oder bist du fitter. Und da muss richtig rüberkommen, was mein Benefit ist, überhaupt diesen Kurs zu machen. Und es muss ansprechend sein. Und ansprechend ist es, wie gesagt, immer, ich wiederhole mich, aber ist es wirklich, wenn man Alltagssituationen nimmt. Also Metaphern funktionieren nicht gut, die sind auch nicht verständlich, wenn ihr jetzt zum Beispiel Kursteilnehmer hättet, die Deutsch nicht als Muttersprache haben oder vielleicht Leseschwierigkeiten haben, wenn ihr jetzt anfangt, wie; du möchtest das Ruder in die Hand nehmen und zu neuen Horizonten aufbrechen, damit könnten die jetzt gar nichts anfangen. Aber mit Alltagssituationen kann jeder was anfangen. Also da muss richtig rüberkommen, was ist der Kursinhalt, was bringt mir das? Und dann ist der Call to Action eigentlich schon nebensächlich, weil im besten Fall haben sich die Leute da schon entschieden. Aber man kann dann eben schön den Call to Action einbauen und dann aber nicht nur einfach sagen, jetzt hier buchen oder hier kaufen, sondern zum Beispiel, buch jetzt und triff Gleichgesinnte. Also noch einen zusätzlichen Anreiz machen und das Gemeinschaftsgefühl wecken.

00:03:46: [00:18:35 Janina Schubert]: Würdest du sagen, dass es okay ist, nur bestimmte Zielgruppen zu erreichen mit manchen Texten, weil du hast jetzt dieses Beispiel gebracht, mit in einem Monat 10.000 Euro verdienen. Und ich weiß, dass ich zum Beispiel nicht die richtige Person bin dafür. Also ich würde da wahrscheinlich nicht klicken. Aber andere vielleicht schon. Ist es okay, sich auch bewusst zu entscheiden oder sollte man das vielleicht sogar machen, welche Zielgruppe habe ich und wie formuliere ich?

00:03:46: Die Zielgruppe direkt ansprechen

00:03:46: [00:19:02 Mirijam Kobzan]: Ja, also ganz wichtiger Punkt. Ich glaube, da kommt es wieder auf das Medium drauf an. Wenn ihr Kurse habt für die Volkshochschule, dann habt ihr ganz, ganz viele Kurse. Das heißt, die Leute haben eh schon vorsortiert, ich möchte hier mich beruflich weiterbilden oder ich möchte irgendwie was als ein neues Hobby finden oder, oder. Das heißt, die sortieren sich selber schon vor. Und dann ist es, glaube ich, sehr wichtig, bereits im Text oder durch den Anfangstext zu filtern, dass die Leute ihre Zeit nicht verschwenden und ganz genau wissen, erster Satz, nee, das ist nicht zu mir oder hey, das könnte was sein.

00:03:46: Weil ich möchte als potenzieller Kunde bei euch nicht 10.000 Texte lesen müssen, sondern relativ schnell das finden, was auf mich zutrifft. In dem Fall würde ich sagen, auf jeden Fall ganz klar und richtig hart Zielgruppe fokussieren. Social Media ist in meiner Meinung wieder was anderes. Ich sag immer, man schreibt nicht für seine Zielgruppe, sondern für sein Netzwerk. Das wäre jetzt ein kleiner Ausflug ins Thema, wie Reichweite funktioniert. Aber grundsätzlich folgen einem nicht nur Menschen, die sich für, in eurem Fall, für das Thema „erfolgreich sein“ interessieren oder für Sport machen oder für Kochen, sondern ganz, ganz viele verschiedene mit unterschiedlichen Interessen.

00:03:46: Das heißt, eure Texte müssen potenziell viele Menschen ansprechen, damit viele Leute den Beitrag sehen und den 10%-Teil eures Netzwerkes und eurer Follower finden. Dieser Beitrag muss diese Leute finden, die dann tatsächlich diesen Kurs buchen würden. Und das funktioniert aber nur, wenn der Beitrag halt eine gewisse Reichweite hat. Das heißt, bei Social Media sollte man eher schreiben für die große Gruppe, während die Kursbeschreibungen meiner Meinung nach sehr spezialisiert sein sollten.

00:03:46: [00:18:35 Janina Schubert]: Also hatten wir jetzt quasi so als Tipps, sich bewusst zu machen, in welchem Medium bewege ich mich gerade, um da zu unterscheiden. Und aber was sich durchzieht andererseits, ist diese die Leute abholen, da wo sie sind und da einen Ausgangspunkt legen.

00:03:46: Du hast noch einen dritten Hashtag, den wollte ich eigentlich auch noch erfahren. Was ist denn dein dritter Hashtag?

00:03:46: Keine Angst vor Fehlern

00:03:46: [00:21:05 Mirijam Kobzan]: Mein dritter Hashtag ist Legasthenie. Und zwar ist es ein bisschen paradox. Ich sage immer, ich werde fürs Texteschreiben bezahlt, obwohl ich gar nicht schreiben kann. Ich habe nämlich eine Rechtschreibschwäche. Also Legasthenie ist Rechtschreib- und/oder Leseschwäche. Ich habe tatsächlich keine Leseschwäche, ich kann sehr gut und sehr schnell lesen. Aber ich habe ein Problem beim richtig-Schreiben von Wörtern.

00:03:46: Und das könnte man sagen, ist ein bisschen paradox. Dass mich auch sehr große Unternehmen dafür bezahlen, dass ich ihre Texte schreibe. Meine Kunden sagen immer so schön, sie bezahlen mich nicht fürs richtig-Schreiben, sondern für die Bilder und die Wirkung, die ich erzeuge mit meinen Texten. Und das ist, glaube ich, auch eine Botschaft nach außen, die ich sehr häufig vermittle und die vielen Leuten auch Mut macht, dass man eben auch schreiben kann, wenn man eigentlich nicht schreiben kann. Genau, deswegen Hashtag Legasthenie.

00:03:46: [00:21:58 Janina Schubert]: Das ist vielleicht auch ein Alleinstellungsmerkmal ja eigentlich für dich. Wenn du schon so diesen Blickwinkel mitbringst, das ist natürlich für viele auch interessant. Hast du irgendeinen Tipp oder eine Perspektive, was gerade für Menschen, die zum Beispiel eine Lese- oder Rechtschreibschwäche haben, was da wichtig ist, wenn die mit dem Medium Text zu tun haben und im Idealfall natürlich im Volkshochschulkontext?

00:03:46: [00:22:23 Mirijam Kobzan]: Genau, also grundsätzlich ist, glaube ich, immer, dass keine Angst vor Fehlern ist so dass das Allerwichtigste. Ich habe einmal einen Beitrag gemacht, der sehr, sehr viral gegangen ist zum Thema Legasthenie und habe danach sehr viele Nachrichten gekriegt, also persönliche Nachrichten von Leuten, die gesagt haben, wow, das hat mir jetzt total gutgetan, zu sagen, einfach mal loszuschreiben und sich keine Gedanken mehr rüber zu machen, ob da jetzt Fehler drin sind im Text oder nicht. Und das ist jetzt für mich auch universell, also egal, ob man jetzt eine Rechtschreibschwäche hat oder eben nicht, viele haben Angst davor, Fehler zu machen. Und ganz ehrlich, scheiß drauf, wenn ich das so sagen darf. Es gibt mittlerweile ganz viele Tools, da kann man einen Text reinkopieren und da werden dir die Fehler ausgebessert oder angezeigt, wo ein Komma sein müsste. Und man kann das immer nachsortieren und nach korrigieren, aber der Spaß am Text und der Botschaft, das sollte eigentlich das sein, worum es beim Schreiben geht.

00:03:46: Also das ist auf jeden Fall etwas, diese „keine Angst vor den Fehlern haben“, denn das nimmt einem ganz viel Freude dieser Perfektionismus. Denn im besten Fall schreib ich einen Text und ich überarbeite den vielleicht noch einmal. Vielleicht liest ihn noch jemand anderes und er überarbeitet ihn nochmal oder bringt auch nochmal Punkte mit rein. Der muss beim ersten Runterschreiben nicht perfekt sein, sondern der Gedanke, den du im Kopf hast, die Botschaft, die du vermitteln möchtest, den Spaß, den du selber vielleicht an diesem Kurs hast und das Interesse, das sollte in dem Text erstmal vorkommen. Und Kürzen geht immer.

00:03:46: Praktischer Tipp für den vhs-Alltag

00:03:46: [00:23:42 Janina Schubert]: Apropos Botschaft vermitteln, wir sind schon am Ende und ich versuche da aber immer für die Zuhörerinnen und Zuhörer zumindest eine Sache mitzugeben von den jeweiligen Gästen in unserem Podcast, die sie wirklich aktiv im Alltag anwenden können und das nach Möglichkeit von jetzt auf gleich. Du hast ja jetzt schon einige Sachen angesprochen. Hast du trotzdem nochmal was, wo du sagst, das nehmt mit und probiert das mal wirklich, wenn ihr in der vhs seid und an dem Marketingtext für Social Media, E-Mail, Website, Newsletter arbeitet, das könnt ihr mal ausprobieren und dann werdet ihr verständlicher.

00:03:46: [00:24:23 Mirijam Kobzan]: Also, um verständlicher zu werden, ist glaube ich ein großer Punkt. Wir neigen beim Schreiben dazu ganz viele Komma-Sätze zu bilden und unglaublich viele Kommas in einen Satz zu packen. Das kennen wir aus wissenschaftlichen Texten und, und, und. So reden wir aber nicht. Also wir haben meistens eine Botschaft und machen dann eine Pause und dann kommt eine nächste Botschaft. Und etwas, was ich gern allen mitgeben würde, um einen verständlicheren Text zu schreiben ist, versucht mal pro Satz eine Botschaft rüber zu bringen, also eine Information und schreibt mal so euren kompletten Text mit einer Botschaft pro Satz und danach könnt ihr gerne sagen, okay, aber hier würde ich jetzt ein „und“ einfügen oder hier würde ich vielleicht doch eher ein Komma einfügen, aber nicht im ganzen Text und in jedem Satz, sondern in zwei, drei ausgewählten Situationen. Weil dadurch macht ihr es Menschen, die Probleme haben beim Lesen, deutlich einfacher den Text zu verstehen. Die Hunde wollen mitreden…

00:03:46: [00:25:18 Janina Schubert]: Ja, ja, die merken, dass wir am Ende sind.

00:03:46: [00:25:23 Mirijam Kobzan]: Genau. Das ist mein ganz großer Tipp und Fragen stellen! Also stellt Fragen im Text.

00:03:46: [00:25:29 Janina Schubert]: Auch im Verlauf des Textes?

00:03:46: [00:25:30 Mirijam Kobzan]: Auch im Verlauf des Textes. Also hast du schon mal einen Yoga-Kurs gemacht? Cool. Dann ist das jetzt das Richtige, weil das ist ein Kurs für Fortgeschrittene. Oder also mitten im Text mal eine Frage stellen.

00:03:46: [00:25:42 Janina Schubert]: Und dann auch Antworten geben letztendlich. Also quasi ich habe die Antwort auf deine offene Frage.

00:03:46: [00:25:47 Mirijam Kobzan]: Genau, genau. Also das mal auszuprobieren, das macht Texte super lebendig. Auch „Komma oder?“ kann einen Text und deutlich lebendiger machen.

00:03:46: [00:25:57 Janina Schubert]: Spannend. Vielen, vielen Dank dir für diese ganzen Tipps. Ich glaube, wir haben einiges dabei, was viele gerne mitnehmen wollen und ja, damit sind wir schon am Ende. Danke dir.

00:03:46: [00:26:07 Mirijam Kobzan]: Danke, dass ich dabei sein durfte.

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